23. Mai 2022
Unsere Kundin Eike hatte die Idee, sich neben Rezepten zu all dem schönen Gemüse auch den vermeintlich unbeliebteren Kandidaten der Pflanzenwelt zu widmen: dem guten alten "Unkraut", das vielen Gartenbesitzern aktuell immer mal wieder über den Kopf wächst. Eine schöne Idee, wie wir finden, also zack! ein paar Rezepte herausgesucht, zwei Freunde und ein Sammelkörbchen geschnappt und los ging die Reise in die Welt der wild wuchernden Gewächse. Hier findet Ihr nun die Ergebnisse zu den ersten kulinarischen Experimenten. In der Auswahl waren vor allem Brennnesseln, Giersch, Löwenzahn und Knoblauchsrauke.
Vorab: auch wenn nicht alles ganz so geklappt hat wie geplant - die Bezeichnung Unkraut haben sie zumindest in Bezug auf ihre Essbarkeit alle nicht verdient, daher habe ich mich mit mir ein für allemal auf das Wort "Wildkräuter" geeinigt - klingt ja auch gleich schon viel leckerer!
Zunächst einmal lässt sich sagen, dass erstaunlich viele Dinge, die hierzulande am Straßen- oder Waldrand wachsen, essbar und auch genießbar sind, aber natürlich bei Weitem nicht alle. Der Überblick über die zahlreichen Arten fällt schwer und so haben wir uns für den ersten Schritt auf Wildkräuter beschränkt, die leicht zu finden und eindeutig zu erkennen sind. Gerade ist eine gute Zeit zum Rumprobieren - oft sind es vor allem die jungen Blätter oder Pflanzen, die Gaumenfreuden versprechen.
Neben den Vorzügen, dass die wilden Pflanzen schnell verfügbar sind und durch Null Transportweg und Null Verpackung eine top CO2-Bilanz haben, überzeugen sie auch mit ihren inneren Werten: sie enthalten meist eine solche Vielzahl an wertvollen Inhaltsstoffen, dass viele kultivierte Kollegen nicht mithalten können. Oftmals haben sie auch heilende Wirkungen und sind zudem sehr wichtig für Insekten und andere Tiere. Also falls Ihr auf den Geschmack kommt: lasst ihnen ruhig noch ein bisschen was stehen :)
Ein echter Allrounder- Giersch ist toll und glücklicherweise auch weit verbreitet. Er enthält viel Provitamin A, Vitamin C, Mineralsalze, ätherische Öle und pflanzliches Eiweiß und lässt sich in der Küche sehr vielseitig einsetzen. So machen sich die jungen Blätter gut als Salat, sorgen für das gewisse Extra im Kartoffelpüree, in Aufstrichen, Suppen oder anderen Gemüsegerichten. Geschmacklich erinnert er an Petersilie und kann getrocknet auch vergleichbar verwendet werden. Es gibt einige giftige Wildpflanzen, mit denen er auf den ersten Blick verwechselt werden könnte, aber es gibt ein ganz eindeutiges Erkennungsmerkmal: den dreieckigen Querschnitt des Blattstiels. Zudem riecht er leicht nach Petersilie, wenn Ihr ihn zerreibt. Aktuell blüht er (zumindest bei mir) noch nicht, aber wenn es soweit ist, sind auch die weißen Blüten essbar (noch nicht gekostet).
Wer wagt, gewinnt - Mit Brennnesseln verbinden die meisten nicht unbedingt nur Positives, in der Küche haben die zunächst wehrhaften Blätter aber durchaus ihre Qualitäten. Beim Waschen verlieren sie ihre brennende Wirkung und können somit auch roh als Salat verspeist werden. Besser bekannt sind sie jedoch als Spinat, für grüne Saucen, als Star in der Brennnesselsuppe oder als Tee. Die Brennnessel ist eiweißreich und enthält u.a. Kalzium, Magnesium, Kalium, Eisen, Silicium sowie die Vitamine A und C. Von März bis Juni ist die Sammelzeit für die Blätter, gen Herbst können dann die Samen genutzt werden (erinnern wohl geschmacklich leicht an Sesam und können vergleichbar verwendet werden). Sehr spannend finde ich, dass die Brennnessel früher auch als Labersatz bei der Käseherstellung genutzt wurde, aber das nur nebenbei - Jetzt geht es zu den Rezepten!
Zutaten für 4 Portionen
Zubereitung
Zwiebeln schälen und fein hacken.
Den Giersch unter fliessendem Wasser abbrausen und die Stiele abschneiden.
Butter in einem Topf zerlassen und die Zwiebelwürfel darin für ca. 3 Minuten glasig andünsten. Den Knoblauch dazupressen und für ca. 2 Minuten mitdünsten.
Giersch zugeben und einige Minuten blanchieren, bis er zusammenfällt.
Den Giersch-Spinat kräftig mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken und zuletzt den Sesam unterheben.
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Fazit: Dies ist ein anderes Rezept als das unserer Verkostung. Wir hatten uns einen Spinat aus mehreren Wildkräutern ausgesucht (mit Giersch, Brennnessel und etwas Taubnessel, Gundermann und Spitzwegerich) - klang toll, schmeckte aber etwas "seifig", daher hier ein einfacheres Rezept, zu dem es bessere Erfahrungen gibt.
Zutaten für den Teig:
Zutaten für die Füllung:
Zubereitung
Für den Teig alle Zutaten gut verkneten und abgedeckt bei Zimmertemperatur gehen lassen (wir haben den Teig etwa 1,5 Stunden stehen lassen).
Brennnesseln und Giersch waschen und in wenig Wasser dünsten, bis die Brennnesseln zart sind (ca. 5 Minuten). Abgießen und die Kräuter fein hacken. Mit zerkrümeltem Feta und den anderen Zutaten zu einer streichfähigen Masse verrühren. Mit Pfeffer und Salz abschmecken.
Den gegangenen Teig halbieren und auf einer bemehlten Arbeitsfläche zu zwei Kreisen in Tortenbodengröße ausrollen. Den einen Teig auf ein Backpapier legen und mit der Masse bestreichen, die zweite Teigplatte darauflegen. Mit einer Untertasse in der Mitte einen Kreis markieren. Den Teig in 16 gleiche Stücke teilen und bis zu dem markierten Kreis einschneiden.
Jeweils zwei Teigstücke gegeneinander drehen und die Enden zusammendrücken. Das Ganze 8 mal wiederholen.
Den entstandenen Teigstern noch einmal ca. 20 Minuten gehen lassen und im Ofen bei 180°C Umluft 35-40 Minuten backen.
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Fazit: Auf jeden Fall ein echter Hingucker und auch für ungeübte Hände erstaunlich gut zu schaffen. Bestimmt auch toll als Beilage zum Grillen - werde ich mal wieder machen!
Zutaten für 4 Portionen:
Zubereitung
Zitronensaft auspressen. Bulgur mit Wasser und der Hälfte des Zitronensaft übergießen und etwa 15 Minuten quellen lassen bis die Flüssigkeit eingezogen ist (alternativ nach Packungsanweisung kochen).
Giersch und Minze waschen und trockenschütteln. Girsch grob, Pfefferminze etwas feiner hacken.
Frühlingszwiebeln in kleine Ringe, Tomaten in kleine Würfel schneiden.
Dressing aus Olivenöl, Zitrone, Salz und Pfeffer herstellen und alle Zutaten zu einem Salat vermischen.
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Fazit: Durch Minze und Zitrone ein recht spezieller Salat, aber auch spannend und erfrischend. Kann gut etwas durchgezogen sein. Im ursprünglichen Rezept waren die Mengen etwas anders und vor allem der Minzeanteil deutlich höher, sie war dadurch für unsere Geschmäcker zu dominant. Vielleicht hier also lieber etwas herantasten...
Von Wurzel bis Blüte - Beim Kochen oder Trocknen verliert sie leider ihre feine Knoblauchnote, daher solltet Ihr die Knoblauchsrauke am besten frisch genießen und sie bei warmen Speisen erst nach dem Erhitzen zugeben. Die jungen Blätter sind toll als Salat und können auch Dips, Quark, Eierspeisen oder der Kräuterbutter das gewisse Extra verleihen. Auch die hübschen Blüten sind essbar und machen sich gut als Deko im Wildkräuter-Salat. Die scharf-bitteren Samen können wie Senfkörner und die Wurzel der zweijährigen Pflanze im ersten Jahr als scharfes Gewürz genutzt werden (ähnlich wie Meerrettich). Heilsam kann die Knoblauchsrauke auch noch sein - so sollen Umschläge aus den zerstoßenen Blättern Hautverletzungen und Insektenstiche mildern. Nicht nur für uns Menschen, sondern vor allem auch für Schmetterlinge ein Gaumenschmaus: Neben dem Nektar nutzt z.B. der Aurorafalter die Knoblauchsrauke als Raupenfutterpflanze.
Oben süß, unten herb - Vielerorts findet sich ein Meer aus gelben Blüten, hübsch anzusehen, aber für viele eher Fluch als Segen. Was tun mit dem weit verbreiteten gewöhnlichen Löwenzahn? Zahlreiche Möglichkeiten tun sich auf, denn verwendbar sind sowohl die Blütenknospen, Blüten und Blätter als auch die Wurzel. Die Blätter haben einen herberen Geschmack als z.B. Giersch oder Brennnessel, der sich je nach Alter der Pflanze verstärkt (wer die bittere Note mildern möchte, kann die Blätter wohl vor dem Verzehr 1-2 Stunden in lauwarmes Wasser legen). Als Salat oder auch für Dips, Kräuterquark und Co. macht das weitverbreitete Kraut eine gute Figur. Die Blütenknospen dienen in Essig eingelegt als Kapernersatz und aus den süßen Blüten lässt sich ein intensiv gelber Tee, aber auch Sirup, Likör und Gelee herstellen. Letzteres fand ich besonders spannend und habe gleich ein passendes Rezept ausprobiert...
Zutaten für 2 Portionen
Zubereitung
Die Blätter und Blüten der Knoblauchsrauke abzupfen, in kaltem Wasser wiegend waschen und trocken legen. Heidelbeeren waschen und abtropfen lassen.
Spargel schälen und mit einer Prise Zucker, etwas Salz und 1 TL Butter kurz aufkochen und dann bei schwacher Hitze bissfest garen (je nach Art und Dicke ca. 8-12 Minuten). Anschließend in Scheiben oder in schräge Stücke schneiden.
Für das Dressing Apfelessig mit Salz, Pfeffer und 2 TL Zucker verrühren, Öl mit Schneebesen einrühren.
Das Dressing mit den Blättern der Knoblauchsrauke vermengen und auf einen Teller geben. Den Spargel dazu und einzelne Heidelbeeren darüber streuen. Mit Blüten dekorieren und schnell servieren.
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Fazit: Bisher mein Lieblingswildkraut! Als Salat in dieser oder anderen Formen gefällt er mir sehr und auch dieses Rezept werde ich gern wieder machen. Die Kombi aus dem süß-sauren Dressing, den Früchten, Spargel und den Blättern mit dem zarten Aroma passt für mich super.
Zutaten für ca. 8-10 kleine Gläser
Zubereitung
Die Blüten kurz unter fließendem Wasser waschen. Die grünen Hüllblätter entfernen und die Blüten mit 1 Liter Wasser zum Kochen bringen. Etwa 5 Minuten kochen lassen, dann 24 Stunden stehen lassen.
Den Saft absieben und 3/4 Liter abmessen. Mit Zitronensaft und Gelierzucker mischen und unter Rühren aufkochen und bei starker Hitze 4 Minuten sprudelnd kochen lassen (unter Rühren). Heiß in Gläser füllen und diese sofort verschließen.
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Fazit: wohl etwas zu viel improvisiert... Ich habe nur die halbe Menge gemacht und hatte nur 2:1 Gelierzucker im Haus. Der Gelee wurde am Ende leider nicht fest (war allerdings auch meine Gelee-Premiere, da fehlte mir vielleicht einfach die Erfahrung). Mein "Sirup" ist etwas dunkler als auf Bildern, die man im Internet findet, da ich die ganzen Blüten und nicht nur die gelben Teile gekocht habe. Schmecken tut er trotzdem, erinnert an flüssigen Honig. Ich werde auf jeden Fall im nächsten Jahr einen neuen Versuch starten!
Gundermann | sehr würzig und aromatisch, es gibt viele Rezepte zu entdecken
Spitzwegerich | sehr säuerlich, soll aber toll für Hustensaft geeignet sein
Taubnessel | schwer zu beschrieben, manche erinnert der Geschmack leicht an Champignons
Falls Ihr auch noch Wildkräuter-Rezepte habt, die Euch gefallen und die Ihr mit anderen teilen wollt, sagt gern einfach Bescheid.
Wir wünschen Euch viel Freude beim Ausprobieren und Verkosten!
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