12. April 2023
Zwischen Langsee und Schlei eingeklemmt liegt Breklingfeld und dort steht Willis Gemüsegärtnerei. Dieser Hof wurde mir schon vorher als Bilderbuchbetrieb beschrieben und das Versprechen wurde ab dem Moment in dem wir auf den Hof fuhren, eingehalten. In Empfang wurden wir von schönen Holzbauten, einem idyllisch angelegten Garten mit Badeteich, Gewächshäusern soweit das Auge reicht und natürlich von Willi. Willi führt uns über das Gelände und durch seinen Glaspalast. Giebel an Giebel reihen sich die Treibhäuser mit den unterschiedlichsten Gemüsesorten. Wir begannen unsere Tour in der Anzuchthalle – dort sehen wir ein Meer aus kleinen Töpfchen wo noch kleinere zarte grüne Pflänzchen die Hälse Richtung Sonne richten. Liebstöckel, Schnittsellerie, Kerbel, Pimpinelle, Brunnenkresse, Kümmel und noch so viel mehr. Als wir bei den Tomatenpflänzchen angekommen sind, kam Willi ins Erzählen von früher. Er holt ein Luftbild heraus und erzählt uns von der Historie des Hofes.
Willi hat die Gemüsegärtnerei in Breklingfeld vor 30 Jahren in Eigenregie regelrecht aus dem Boden gestampft. Der Resthof, der dort zuvor stand, wurde abgerissen und alles nach Willis Vorstellungen nach und nach aufgebaut. Kaum zu glauben, dass man einen Betrieb in 30 Jahren auf so eine liebevolle und effiziente Art und Weise gestalten kann. Die erstaunlichsten Eigenschaften waren für mich die durch die Abwärme des örtlichen Biogaswerkes beheizten Gewächshäuser, der Badeteich, der in echt Regenwasser von den Hausdächern für die Treibhäuser speichert und das Kühlhaus, das zur Hälfte in den Boden eingelassen ist und somit selbst im Sommer selten den Einsatz der Kühlanlage erfordert. Das ist so ausgeklügelt nachhaltig und gleichzeitig so logisch. Und trotzdem muss es vor 30 Jahren ein echtes Wagnis gewesen sein eine Gemüsegärtnerei neu und unkonventionell zu denken, wie Willi es tat. Jetzt hat der Hof gut davon angesichts der wirtschaftlichen Lage und den immer wärmer werdenden Sommern hier oben im Norden.
Aus der Anzuchthalle raus ging es weiter in die großen Treibhäuser, wo mir direkt eine dicke Hummel laut brummend ins Gesicht knallte. Überrascht bemerkte ich, dass die sich nicht verflogen hat, sondern die Halle in denen die Gurken schon Brusthoch standen ihr Zuhause war. Das Hummelvolk hat Willi mit seinen KollegInnen dort zur Bestäubung angesiedelt. Uns im Rücken Salat und Rucola. „Davon könnt Ihr nächste Woche schon was kriegen.“ sagt Willi und meint den Rucola, der diese Woche taufrisch in unserer Kiste landet. Hauptakteur diese Woche ist aber eigentlich der Mangold, den Willi mit einem ähnlichen Kommentar im Vorbeigehen bedenkt. Bunte Stiele durchtreiben die knallgrünen Blätter und schreien aus allen Zellen „FRÜHLING“.
Dann zeigt uns Willi seine Folientunnel in denen die Mairübchen und Zwiebeln schon alles geben um bald gegessen werden zu können. Wir staunen nicht schlecht. Die Tunnel wirken endlos und überall in feinsäuberlich gepflanzten Reihen finden sich kleine und große Blätter. Es wird geschnackt und genascht was das Zeug hält.
„Kommt, ich zeige Euch die Flower Sprouts!“ Eine kurze Autotour zu einem Feld braucht es, damit wir den Freilandanbau von Breklingfeld bestaunen können. Wir wandern durch abgeerntete Flächen an Greifvogelstangen vorbei auf einen kleinen Hügel und sehen auf einem Abschnitt die dunklen Flower Sprout Pflanzen. Sie sehen von Weitem ein bisschen so aus wie eine Festival-Meute vor einer Open Air Bühne. Fehlt nur noch laute Musik und Dosenbier. „Hier müsste ich von Euch eigentlich Kurtaxe nehmen" unterbricht Willi mein Gedankenspiel – und er hat recht. Die Aussicht auf den Langsee ist auch bei diesiger Sicht und Nieselregen fantastisch. Erneut wird genascht und festgestellt: Auch die Spitzen der Flower Sprouts schmecken richtig gut! Die sollte man eigentlich auch mal verkaufen.
Zurück auf dem Hof zeigt uns Willi noch den Kräutergarten und die Streuobstwiese, wo im April noch nicht so viel los ist. Ich freue mich auf einen Besuch im Spätsommer! Auf dem Weg zum Kühlhaus gehen wir am Badeteich/Wasserbassin vorbei. Ziemlich cool, die Vorstellung, dort nach getaner Arbeit auf dem Feld im Sommer mit einer Abkühlung in den Feierabend zu starten. Im Kühlhaus angekommen erklärt uns Willi, wie nützlich es ist in der Erde zu kühlen und ich fühle mich sofort an alte schwedische Siedlungen erinnert. Dort ist es noch heute vollkommen normal die Erdkeller zur Nahrungsmittelkühlung zu nutzen. Warum machen das nochmal so wenige bei uns?
Mit vielen Eindrücken, mehr Wissen und großer Lust auf den Sommer, fahren wir von Willis Hof ab. So sieht er also aus, der Vorzeigebetrieb! Alle, die das sagen, versprechen nicht zu viel.
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